Reichsfreiheitsurkunde aus: "Lübeck 1226" (Repro: D. Deubner)







1226 - Die Verleihung der Reichsfreiheit an Lübeck


Ausgewählte Beiträge zum Leben Hermann von Salzas - Teil III

Am 22. April 1226 traf Landgraf Ludwig IV. der Heilige, zu einem Besuch beim Kaiser in Ravenna ein. Ludwig hatte die Blockade der Lombarden umgehen können. Er wurde von Hermann von Salza dem Kaiser vorgestellt, so schreibt es Hans Patze in " Die Entstehung der Landesherrschaft in Thüringen". Im Mai befand sich der kaiserliche Hof in Parma. Von hier gibt es eine vom Landgrafen und vom Hochmeister bezeugte Urkunde, in der Friedrich die von seinem Großvater Kaiser Barbarossa der Stadt Lübeck im Jahre 1188 erteilten Rechte bestätigte. Noch bedeutungsvoller war jedoch die Urkunde, die Kaiser Friedrich im Juni 1226 für die Stadt Lübeck ausstellte und in denen Hermann von Salza und der Landgraf Ludwig ebenfalls Zeugen sind. Dazu findet man in der aus Anlass der vor 750 Jahren erfolgten Verleihung der Reichsfreiheit an Lübeck 1976 erschienenen Festschrift: "Lübeck 1226 Reichsfreiheit und frühe Stadt" eine Darstellung von Walter Hubatsch mit dem Titel "Hermann von Salza und Lübeck".
„Zu der Zeit, als Akkon von einem christlichen Heere belagert und mit Gottes Hilfe aus der Hand der Ungläubigen befreit wurde, errichteten einige Bürger aus den Städten Bremen und Lübeck, um zur Ehre Gottes Werke der Barmherzigkeit zu üben, unter dem Segel einer Kogge ... ein Spital."
Dieser Vorgang aus dem Jahre 1190 ist spätestens im Jahre 1232 niedergeschrieben worden, mithin während der Regierung Kaiser Friedrichs II. und zu Lebzeiten des Deutschordenshochmeisters Hermann von Salza, und war noch einer Anzahl von Mitbeteiligten in Erinnerung. Auffallend ist, daß diese sonst nur im engeren Bereich des Deutschen Ordens bekannte, nicht in die Chronistik hinübergenommene Erzählung offenbar in Lübeck nicht aus dem Gedächtnis geschwunden war, wie aus der zweifellos auf ältere Vorlagen zurückgehenden Chronica novella des Lübecker Dominikaners Hermann Korner von 1423 ersichtlich ist. Noch vor der Erhebung des deutschen Spitals zu einem Ritterorden und noch bevor dieser seine „Staatsgründungsurkunde" und Lübeck sein „Reichsfreiheitsprivileg" erhalten hatte, bestanden Beziehungen zwischen der geistlichen Bruderschaft und der Travestadt, die unvergessen blieben und weiter gepflegt wurden. Die Erzählung von der Spitalgründung mit lübischer Hilfe ist während der ersten Hälfte der Regierungszeit desselben Stauferkaisers Friedrich II. schriftkundig geworden, der die beiden genannten Grundprivilegien ausgestellt hat. Da deren Verleihung in dem gleichen Jahre 1226 erfolgte und in beiden Urkunden der damals am Kaiserhof sehr einflußreiche Deutschordenshochmeister Hermann von Salza auftritt, gewinnt dieser über seinen Orden hinaus auch für Lübeck eine Bedeutung, die zu einer Betrachtung der spärlich überlieferten Quellenzeugnisse hierüber auffordert.
Der Ministerialensohn aus dem thüringischen Langensalza war im Jahre 1210 etwa dreißigjährig zum Hochmeisteramt des Deutschen Ordens gekommen, übte es bis 1215 in seinen Amtsgeschäften in den Ordensbesitzungen des östlichen Mittelmeerraumes aus und erschien Ende 1216 zum ersten Mal vorübergehend am Hofe Friedrichs II., um in den folgenden Jahren wieder ganz in den Tätigkeiten und Kämpfen seines Ordens in Palästina, Ägypten und vor allem im Burzenland aufzugehen, wo dem Deutschen Orden seit 1211 große Missions- und Siedlungsaufgaben zugefallen waren. 1220 und dann regelmäßiger seit 1222 befand sich Hermann von Salza gebunden an Aufträge päpstlicher und kaiserlicher Politik, nahm an der Kaiserkrönung Friedrichs II. in Rom teil und diente diesem in mehreren vermittelnden diplomatischen Missionen. In solcher Eigenschaft ist Hermann von Salza nach Vorverhandlungen im Herbst 1223 in dem ersten Vertrag über die Freilassung des Dänenkönigs Waldemars II. vom 4. Juli 1224 namentlich als einziger der nuntiorum imperii genannt, mit der Verpflichtung, für den Vertragsinhalt einzustehen.... Jetzt werden dem gefangenen Dänenkönig ganz konkrete Bedingungen gestellt, die kaiserliches und Ordensinteresse in Parallele erscheinen lassen: falls die gelobte Kreuzfahrt des Königs zur Unterstützung des Kaisers nicht binnen zwei Jahren zustandekomme, sollten 25000 Mark Silber den kaiserlichen Gesandten und den Brüdern des Deutschen Ordens in der Stadt Lübeck bereitgestellt werden. Das sieht keineswegs nach Improvisation aus, läßt vielmehr annehmen, daß die genannten älteren Beziehungen zwischen Lübeck und dem Deutschen Orden dafür bereits eine Grundlage gebildet haben; dieses würde es auch erklären, daß Hermann von Salza mit dieser Mission betraut wurde, wahrscheinlich sogar diese angeregt hat. Um diese Zeit waren auch Verhandlungen angebahnt, um eine Deutschordenskommende in Lübeck einzurichten; als Grundlage dafür sollte das dem Deutschen Orden bereits übergebene Heiliggeist-Spital dienen. Die von Hermann v. Salza veranlaßte Kreuzzugsauflage für den Dänenkönig konnte das päpstliche Interesse mit dem des Reiches in Übereinstimmung bringen." Soweit Walter Hubatsch.
Zwischen dem 14. und 21. Juni wurde in Borgo San Donino, dem heutigen Fidenza, von Kaiser Friedrich die Reichsfreiheitsurkunde für Lübeck ausgestellt, bezeugt von Hochmeister Hermann von Salza und dem Landgrafen Ludwig IV. von Thüringen, die wir auch in dieser Reihenfolge auf der Urkunde finden. Hermann von Salzas weitblickende Diplomatie hatte im Jahre 1226 mit der Goldbulle von Rimini vom März 1226 und der Reichsfreiheitsurkunde für Lübeck vom Juni 1226 die Voraussetzungen für die Errichtung eines Deutschordensstaates im Nordosten des Kaiserreiches geschaffen und das ganz sicher im Einvernehmen mit Kaiser und Landgraf.

Dieter Deubner Bad Langensalza 1.Mai 2006

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